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Große Fluchtbewegungen aus Dresden nach dem 13. Februar 1945

Veröffentlicht: 13.11.2022 / Aktualisiert: 16.02.2024

Sachsen verzeichnete im Februar 1945 bereits eine halbe Million schlesischer Evakuierter, eine weitere halbe Million aus ostsächsischen Kreisen. Zu diesen durch Sachsen irrenden Menschen kamen nach den Luftangriffen auf Dresden und Chemnitz weitere 400.000. Viele von ihnen flohen ins Umland, weil sie ausgebombt waren und alles verloren hatten oder sich vor neuen Angriffen fürchteten. Außer den Einwohnerinnen und Einwohnern beider Städte waren darunter auch zahlreiche Geflüchtete, die zeitweilig dort untergekommen waren. Es kam zu großen Menschenansammlungen auf den Bahnhöfen und den Straßen.1

Nach der Bombardierung Dresdens führten ausgedehnte Fluchtrouten durch den Tharandter Wald oder an diesem entlang. So gingen viele Menschen nördlich des Waldgebietes über die heutige B 173 in Richtung Freiberg. Da durch die Bombardierungen der Bahnverkehr stark geschädigt war, mussten viele zu Fuß laufen. So erreichten die meisten Menschen, die Mitte Februar aus Dresden in das nordwestlich des Tharandter Waldes liegende Wilsdruff kamen, den Ort zu Fuß und führten Fahrräder und Handwagen mit Betten, Koffern und Haushaltsgegenständen mit sich.2

In Wilsdruff kamen neben ausgebombten Menschen aus Dresden, Geflüchteten aus Schlesien auch russische Kriegsgefangene an, wie der Heimatforscher Arthur Kühne nach dem 14. Februar 1945 schrieb: „Der Marktplatz ein Heereslager! An-, abrollende, verweilende Lastkraftwagen, militärische Besatzung, schlesische Treckwagen mit Dachaufbau in Teerpappe, mit angebundenen Pferden und Kühen. Handwagen mit dem allernötigsten! Fußtrupps, familienweise Züge von gefangenen Russen und Russinnen, militärisch bewacht.“3

Die heutige B 173 beim Ortsausgang Mohorn in Richtung Dresden. Auf dieser Straße flüchteten Mitte Februar unzählige Menschen aus dem bombardierten Dresden, darunter auch viele, die bereits vor der heranrückenden Front aus Schlesien geflüchtet waren. Fotografie 2023.

Eine andere große Route führte von Dresden via Freital ans östliche Ende des Waldgebiets nach Tharandt und von dort aus weiter nach Dippoldiswalde oder über Grillenburg nach Klingenberg oder Freiberg. Obwohl die Bahnverbindung Tharandt – Dresden noch bis zum Dresdner Stadtrand (Dresden-Plauen) intakt war,4 scheint der Zugverkehr unterbrochen gewesen zu sein, denn die meisten kamen zu Fuß in Tharandt an, wie sich ein damals 7jähriger Zeitzeuge erinnerte: „Dann am 14., das war schrecklich, dann kamen dann die Leute mit Handwagen an und dann die Kleidung zum Teil verbrannt, zum Teil Wunden, ach erschütternd.“5 Sein Vater, ein Professor der Forstlichen Hochschule, schrieb am 15. Februar in sein Tagebuch, dass „[d]ie ganzen Tage hindurch Pferdefuhrwerke, Handwagen mit Flüchtlingsgut“ angekommen seien.6

Blick vom Burgberg Tharandt in Richtung Freital, von wo Mitte Februar 1945 unzählige Menschen zu Fuß ankamen. Fotografie 2023.

Manche Menschen kamen auf ihrer Flucht vor den Bomben erst später in die Orte des Tharandter Waldes. Als am 15. Februar gegen Mittag ein weiterer (vierter) Bombenangriff innerhalb von 38 Stunden auf Dresden stattfand, schwoll der Flüchtlingsstrom noch einmal gewaltig an und die Stadt leerte sich. Fast 80 % des Dresdner Wohnungsbestandes waren zerstört.7

Anmerkungen
1. Vgl. Jensch o.D., S. 43 und Spurný 2008, S. 152. /// 2. Lt. Reichelt 1974/1975, S. 2. /// 3. Zit. in Lettau 2014, S. 191. /// 4. Interview G. Krönert 2022. Vgl. anders Hubl 2010/2011, S. 10: Demnach fuhren die Züge erst ab Freital in Richtung Freiberg mit Halt Klingenberg, der Bahnverkehr war ansonsten wegen der Zerstörung Dresdens lahmgelegt. Immerhin war noch die Kleinbahnstecke Dippoldiswalde – Freital in Betrieb. /// 5. Interview O. Wienhaus 2022/// 6. Wienhaus H. 1945, Eintrag vom 15.2.1945. /// 7. Vgl. SZ-Magazin 12.2.2005, S. M2f.