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Weiterzug des Todesmarschs aus dem KZ-Außenlager Neu-Staßfurt von Kurort Hartha Richtung Röthenbach am 21. April 1945

Veröffentlicht: 18.04.2023 / Aktualisiert: 20.06.2023

Am frühen Morgen des 21. April mussten die Gefangenen aus dem KZ-Außenlager Neu-Stassfurt ihren Weg ab Kurort Hartha fortsetzen und wurden zunächst noch von Bauern des Ortes mit Fuhrwerken begleitet, wie der Gutsbesitzer Arno Paul im September 1945 aussagte: „Ich selbst habe am nächsten Morgen ein Geschirr gestellt und habe den Transport in Richtung Röthenbach über Grillenburg-Klingenberg-Pretzschendorf mitgemacht. Am nächsten Tage nach dem Eintreffen der Häftlinge wurden diese früh 5 Uhr geweckt und bekamen eine Erbsensuppe. Um 6 Uhr wurde abmarschiert. Soweit die Wagen, es mussten 12 Geschirre aus der näheren Umgebung zum Weitertransport gestellt werden, nicht voll beladen waren, wurden 25 Häftlinge mit aufgenommen. Ich selbst habe etliche Mann auf meinen Wagen aufgenommen und gefahren.“1

Als erstes gelangte der Tross durch Grillenburg. Eine Zeitzeugin aus Spechtshausen, deren Vater in Grillenburg beim Forst arbeitete, erinnerte sich noch vage an den Durchzug und daran, dass auch russische Gefangene dabei waren.2 Eine Grillenburgerin schrieb 1955: „daß Ende April eine große Menge arme Menschen aus einem Konzentrationslager durchmarschierten resp. nur noch schleichen konnten. Einer wurde auf der Klingenberger Straße erschossen aufgefunden und dort eingescharrt, aber später in Klingenberg beigesetzt und dann noch abgeholt.“3

Straße zwischen Grillenburg und Klingenberg, auf der am 21. April 1945 der Todesmarsch aus dem KZ-Außenlager Neu-Staßfurt entlang zog. Bei der Straße wurde vermutlich ein Gefangener erschossen. Fotografie 2023.

Auch der Gutsbesitzer Arno Paul erinnerte sich an Todesopfer: „Auf dem Transport ist, was ich selbst aber nicht gesehen habe, einer erschossen worden; ich sah ihn mit Kopfschuß im Straßengraben liegen. Er ist von der Gemeinde Röthenbach abgeholt worden. Ich kann mit Bestimmtheit sagen, dass auf dem Weitertransport ein Häftling erschossen wurde und zwar zwischen Pretzschendorf-Röthenbach.“4 Transportführer des Todesmarschs war laut Arno Paul ein Oberfeldwebel. Es gab noch 10 bis 12 Unteroffiziere und diverse Gefreite.5

Nach weiteren Stationen durchs unwegsame Erzgebirge endete die Tortur, auf der mindestens 221 Gefangene ihr Leben verloren, erst 16 Tage später am 8. Mai in Annaberg, wo sie von der Roten Armee befreit wurden.6

Anmerkungen

1. SächsStA, Landesreg. Sachsen, 11391, 994, S. 72, Aussage Arno Paul. Kurort Hartha, 3. September 1945. /// 2. Laut Interview Frau S. 2022. /// 3. Poch M. um 1955, S. 2. /// 4f. SächsStA, Landesreg. Sachsen, 11391, 994, S. 72, Aussage Arno Paul. Kurort Hartha, 3. September 1945. /// 6. Vgl. Brenner u.a. 2018, S. 542f.

Siehe zu diesem Todesmarsch auch die Beiträge „Todesmärsche ziehen im Frühjahr 1945 durch die Orte des Tharandter Waldes“ und „Ankunft und Station des Todesmarschs aus dem KZ-Außenlager Neu-Staßfurt in Kurort Hartha am 20. April 1945“.