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Das Mitmach-Raum-Tagebuch zum Kriegsende im Tharandter Wald – Rückblick 2024 und Vorhaben 2025

Veröffentlicht: 10.03.2025 / Aktualisiert: 10.03.2025

Schülerinnen und Schüler des Sportgymnasiums Dresden erhalten 2024 den 1. Preis im „Bertrand Herz-Geschichtswettbewerb“

Das Projektjahr 2024 begann im April mit einer besonderen Überraschung: Wir erhielten vom Sportgymnasium Dresden die Nachricht, dass Schülerinnen und Schüler des Grundkurses Französisch den 1. Preis im Wettbewerb „Bertrand Herz – Unsere Geschichte“ gewonnen hatten. Angeregt durch Beiträge im Mitmach-Raum-Tagebuch zu dem Todesmarsch aus dem KZ-Außenlager Neu-Staßfurt beschäftigten sie sich mit dem Schicksal französischer Kriegsgefangener und Zwangsarbeiter in Sachsen während des 2. Weltkrieges und führten eigene Recherchen durch. Die Ergebnisse verarbeiteten sie in Bildern und Texten und verfassten unter anderem auch ein fiktives Tagebuch, dass das Erleben eines KZ-Gefangenen während des Todesmarschs nachzeichnet.

Wir freuen uns über diese Art der Fortsetzung des Mitmach-Raum-Tagebuchs und danken den beteiligten Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften (weitere Informationen auf der Internetseite der Schule).

Interviews und Materialbeschaffung 2024

2024 konnten wir vier Interviews führen: Im Mai trafen wir in der Heimatstube in Liegau-Augustusbad einen Zeitzeugen, der als Kind Kontakt zu dem 16jährigen Rudi Melzer hatte. Dieser gehörte zu den sechs Jungen, die im April oder Mai 1945 unter noch immer ungeklärten Umständen in Kurort Hartha getötet wurden (weitere Informationen in diesem Beitrag). Der Zeitzeuge erzählte von seinen Erinnerungen an Rudi Melzer, zeigte uns privates Fotomaterial und gab uns wertvolle Hinweise für die weitere Recherche. In Liegau-Augustusbad wird an Rudi Melzer und die anderen Kriegsopfer des Ortes an einer Gedenkwand in der Heimatstube und durch eine Gedenkstätte erinnert. Sie befindet sich vor der Schule, die er damals besucht hat.

Schule von Liegau-Augustusbad, auf die Rudi Melzer gegangen ist, davor Gedenkstätte für die Toten der beiden Weltkriege. Fotografie 2024.

Im Juli führten wir in Kurort Hartha zwei Gespräche mit einem 1936 geborenen und einem 1940 geborenen Zeitzeugen. Obwohl beide mit neun und mit fünf Jahren zum Kriegsende relativ jung waren, lieferten sie wichtige und vielfach neue Informationen zum Geschehen während der Gefechte in Kurort Hartha um den 7. Mai 1945 und zu den dadurch hervorgerufenen Schäden an Gebäuden. Ende Juli trafen wir eine heute in Dresden wohnende Frau. Sie ist zwar erst 1947 geboren, erinnerte sich aber an viele Informationen Erzählungen ihrer Eltern, die das Kriegsende in Spechtshausen und Fördergersdorf erlebt hatten und stellte uns Fotografien der kriegsbeschädigten Fördergersdorfer Kirche zur Verfügung.

Weiteres Material erhielten wir aus Freiburg im Breisgau. Von dort schickte uns der Enkel eines Soldaten der Wehrmacht eine Tagebuchseite zu, die die Gefechte um Kurort Hartha betrifft. Auf einer Veranstaltung erhielten wir zudem von einer Einwohnerin aus Kurort Hartha einen Erinnerungsbericht, den ihre Mutter verfasst hatte.

Anbringung erster Gedenkhinweise im Mai 2024

Im Mai 2024 wurden auf Initiative des Verkehrs- und Verschönerungsvereines Tharandter Wald e.V. durch André Kaiser im Mai 2024 erste „Gedenkhinweise“ realisiert. Dabei handelt es sich um kleine Schilder, die wichtige Orte aus dem Mitmach-Raum-Tagebuch markieren und via QR-Code zu den entsprechenden Beiträgen führen. Auf diese Weise wurden bereits neun Orte in Kurort Hartha und Grillenburg markiert.

Unter einem Wegweiser angebrachter Gedenkhinweis beim Folgengut in Kurort Hartha mit Inhalt des Schildes rechts. Fotografie 2024.

Veranstaltungen und Vorträge 2024

Auch 2024 gab es Veranstaltungen und Vorträge zum Mitmach-Raum-Tagebuch.

Bei einem Rundgang durch Kurort Hartha am 12. Mai 2024 im Vorfeld der Anbringung der Gedenkhinweise stellten wir die geplanten Standorte vor und diskutierten darüber mit den Teilnehmenden.

Drei Tage später, am 15. Mai 2024, war das Projekt Gast beim „Mehrgenerationen-Stammtisch ’99“ in Kirchners Gaststätte in Kurort Hartha. Neben der Vorstellung von Neuigkeiten aus dem Projekt ging es um Gräber und Gedenkzeichen zum Kriegsende und um den Austausch mit den 50 Anwesenden, von denen einige noch das Kriegsende erlebt haben.

Am 7. Juni 2024 stellten wir das Projekt auf dem Workshop der AG „Stätten der NS-Zwangsarbeit“ zum Thema „Erfassung, Visualisierung und Vermittlung“ im Hannah-Arendt-Institut Dresden vor.

Anlässlich des Tags des offenen Denkmals am 8. September 2024 wurden die nunmehr realisierten Gedenkhinweise auf einem öffentlichen Rundgang durch Kurort Hartha erkundet.

Am 2. November 2024 waren wir zu Gast beim Heimattag Wilsdruffer Land auf dem Rittergut Limbach. Dort hielten wir einen Vortrag zum Projekt und veranstalteten einen Workshop zur Weiterführung des Projekts. So konnten wir neue Kontakte knüpfen. Doch ganz besonders freuten wir uns über das Wiedertreffen und den Austausch mit einigen Lokalhistorikerinnen und -historikern, die wir bereits im Laufe des Projektes kennengelernt hatten.

Vortrag zum Projekt auf dem Heimattag Wilsdruffer Land am 2. November 2024. Fotografie Susanne Petzold.

Ausblick auf 2025

Auch für 2025 sind im Rahmen des Mitmach-Raum-Tagebuchs wieder vielfältige Aktivitäten geplant.

So möchten wir vor allem noch weitere Interviews führen. Die Interviews werden wir inhaltlich auswerten und die neu gewonnenen Informationen mit den bisherigen Kenntnissen verknüpfen. Auch die Bemühungen zur Materialbeschaffung setzen wir fort, denn noch immer „schlummern“ auf Dachböden und in Kisten Fotografien, Aufzeichnungen und teils sogar Gegenstände aus der Zeit des Kriegsendes im Tharandter Wald.

Für den Band der „Dresdner Hefte“ zum Thema „Folgen des Krieges“, der im 1. Halbjahr 2025 erscheinen soll, wird André Kaiser einen Beitrag zur Vorstellung des Projekts verfassen. Zudem ist die Anbringung weiterer Gedenkhinweise zur Markierung von Schauplätzen des Mitmach-Raum-Tagebuchs für 2025 geplant.

Veranstaltungstermine 2025

9. April 2025, 17.30 Uhr | Vortrag: 75 Jahre Kriegsende – Buchvorstellung „Der vergessene Angriff“
Matthias Schildbach wird sein neu erschienenes Buch, „Der vergessene Angriff: Die Luftkriegsereignisse des 17. April 1945 in Sachsen und Böhmen“, vorstellen. Das Thema betrifft auch die Gegend des Tharandter Waldes: Nach Abschuss des US-Bombers „Sack Time“ landeten hier einige der acht Besatzungsmitglieder, die mit Fallschirmen aussteigen konnten. Zwei von ihnen wurden nach der Landung ermordet. Neben dem Bombenschützen Edward G. Eschinger, der in Halsbrücke bei Freiberg landete, betraf dies auch den Heckschützen Melvin C. Carlson, der bei Mohorn landete und dort unter nach wie vor ungeklärten Umständen ermordet wurde.

Veranstaltung im Rahmen des „Mehrgenerationen-Stammtisch ’99“
Ort: Kirchners Gaststätte, Kurort Hartha

6. Mai 2025, 19:30 Uhr | Vortrag von André Kaiser im Rahmen der Reihe „Erinnerungen 1945|2025
André Kaiser wird an dem Abend das Projekt, „Das Kriegsende im Tharandter Wald. Ein Mit-Mach-Raum-Tagebuch“ vorstellen und über die Bezüge zwischen den Geschehnissen während der letzten Kriegswochen in den Orten des Tharandter Waldes und in Dresden sprechen.

Eine Veranstaltung des Dresdner Geschichtsvereins e.V. und der Städtischen Bibliotheken Dresden
Ort: Vortragsraum in der Zentralbibliothek, Kulturpalast Dresden