Schon vor den großen Bombenangriffen auf Dresden im Februar 1945 und auf Chemnitz Anfang März 1945 gab es kriegsbedingte Unterbringungen und Einquartierungen in den Ortschaften des Tharandter Waldes.
Unterbringung von evakuierten Kindern ab 1941 und von ausgebombten Menschen ab 1943
Bereits ab 1940 liefen Programme zur Evakuierung von Kindern in ländliche Gebiete. So gelangten Anfang 1941 Kinder aus Bremen mit der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt nach Mohorn-Grund und wurden im dortigen Pensionsheim untergebracht.1
Ab 1943 kamen viele Menschen aus bombardierten Gebieten im Norden und Westen des Deutschen Reiches nach Sachsen und auch in den Tharandter Wald. So wurden einige Menschen aus Bochum in Spechtshausen untergebracht.2 Ein Zeitzeuge aus Tharandt erinnerte sich, dass seine Familie die in Berlin ausgebombten Großeltern schon 1943 oder 1944 aufnahm und beherbergte. Die Großeltern kehrten nie zurück. Sie starben kurz nach dem Krieg in Tharandt.3 Im nahen Städtchen Wilsdruff trafen im Sommer 1943 dreißig ausgebombte Familien aus Köln ein. Wenige Wochen später wurde das dortige Hotel „Weißer Adler“ zum Auffanglager umfunktioniert.4
Sachsen war bis kurz vor Kriegsende 1945 frei von feindlichen Truppen war. Aus diesem Grund flüchteten Hunderttausende Menschen aus den Ostgebieten des Deutschen Reichs und den deutsch besetzten Gebieten vor der heranrückenden Front dorthin und konkurrierten mit den Einheimischen um Lebensmittel und Unterkünfte. Die ersten Flüchtenden erreichten im Herbst 1944 erschöpft die sächsische Grenze. Sie kamen aus Ostpreußen und bis Januar 1945 gelangten fast 150.000 Menschen aus dieser Provinz nach Sachsen.5
Sie suchten auch in den Orten des Tharandter Waldes Unterschlupf. Schon im Juli und September 1944 gelangten zwei Massentransporte aus Ostpreußen mit fast 350 Menschen ins nahe Wilsdruff.6 Eine damals 15-jährige Zeitzeugin aus Mohorn erinnerte sich so daran, dass die ersten Menschen aus Königsberg in Ostpreußen bereits im Herbst 1944 im Ort ankamen. Anders als spätere Flüchtende hatten sie noch Kleidung, Bettzeug und andere persönliche Dinge im Gepäck.“7
Auch Klingenberg am Tharandter Wald wurde gemäß Gemeindeprotokollbuch am 16. und 21. November 1944 mit insgesamt 149 Geflüchteten aus Ostpreußen belegt. Die 71 Erwachsenen und 78 Kinder wurden auf 60 Haushalte verteilt, wobei es anfänglich „räumliche und heiztechnische Schwierigkeiten“ und „kleine Reibereien mit Vermietern“ 8 gab, die bis Anfang 1945 überwunden wurden.
1. Vgl. Schmeitzner 2016, S. 45. Das Pensionsheim war ein früherer Gasthof, der 1918 vom Arnhold’schen Pensionsverein übernommen wurde, bis es die Familie Arnhold aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln 1941 verkaufen musste. 1943 wurde es Teil der Haushaltsschule für den „Bund deutscher Mädel“. Vgl. ebenda, S. 45f. und Eißner 2004. /// 2. Interview Frau S. 2022. /// 3. Interview D. Bavendamm 2022. /// 4. Vgl. Lettau 2014, S. 191. /// 5. Vgl. Spurný 2008, S. 150. /// 6. Vgl. Lettau 2014, S. 191. /// 7. Vgl. Weise 2010, S. 15f. /// 8. Vgl. KA-SOE, Akz. 007 aus 2017, Klingenberg, vorl. Nr. 12, Gemeindeprotokollbuch, 1. Beratung 4.1.1945, S. 36.